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Halsband vs. Geschirr

Wie finde ich die richtige Klamotte für meinen Hund?


Halsband oder Geschirr?  - Diese Frage hat sich bestimmt jeder Hundebesitzer bereits gestellt und ist vermutlich wegen der unzähligen Vielfalt etwas verzweifelt.  Damit ihr in Zukunft nicht mehr das Bedürfnis habt, auf dem Absatz kehrt machen zu wollen, sobald ihr vor der riesigen Auswahl an Geschirren und Halsbändern steht, hat unsere liebe Sarah hier ein paar hilfreiche Informationen für euch zusammengefasst.


Sowohl das Geschirr, als auch das Halsband bringen unterschiedliche Vor- und Nachteile mit sich und nicht selten ist es der Fall, dass beide aufgrund falscher Passform zu physischen und psychischen Schäden führen können.  

 

Durch ein, beispielsweise, zu eng anliegendes Halsband kann es durch den Druck, der meistens dann entsteht, wenn der Hund zieht, zu Quetschungen der inneren Organe, wie Kehlkopf, Schilddrüse oder auch großer Halsgefäße führen.

Gleichzeitig wird dann auch die Hals- und Rückenwirbelsäule in Mitleidenschaft gezogen, oder es werden durch dauerhafte Fehl- und Schonhaltung bleibende Schäden des Bewegungsapparates ausgelöst. Zu bleibenden Schäden zählt beispielsweise die Bildung von Arthrosen.

Die physischen Schäden sind häufig der Auslöser für psychische Schäden, denn aufgrund des falsch sitzenden Halsbands verspürt der Hund Schmerzen. Bei dauerhafter Aussetzung dieser Situation kann es zu schmerzinduziertem Angst-, Aggressions- oder Meideverhalten kommen. Durch dauerhaften Stress erhöht sich auch dauerhaft der Cortisolspiegel. Dies kann unter Umständen auf lange Sicht zu organischen Problemen führen.

Daher ist es unumgänglich, sich vorab mit seinem Hund auseinanderzusetzen und folgende Dinge zu beachten, um sicher zu gehen, dass ein Halsband geeignet ist:

  • Sollte der Hund die Angewohnheit haben, an der Leine zu ziehen, ist dringend davon abzuraten, ein Halsband zu nutzen. An dieser Stelle muss zudem erwähnt werden, dass es immer einen Grund gibt, warum der Hund an der Leine zieht oder „sich in die Leine schmeißt“. Hier ist es wichtig, den Grund zu hinterfragen und mit gezieltem Training zu therapieren.
  • Ebenso sind gesundheitliche Aspekte, wie eine Schilddrüsenunterfunktion oder eine chronische Entzündung des Kehlkopfes zu berücksichtigen, denn gerade hier ist es kontraproduktiv seinem Hund ein Halsband anzulegen, da sich durch den Druck der gesundheitliche Zustand nicht verbessern kann oder im schlimmsten Fall sogar verschlechtert.
  • Auch bei Hunden, bei denen eine Gefahr des Herausschlüpfens besteht, ist ein Halsband nicht der richtige Wegbegleiter, da Halsbänder enorm schnell abgestreift werden können. Gerade Hunde mit Aggressionsverhalten, Ambition zum Jagen oder Angstreaktionen ist daher dringend vom Halsband abzuraten.

Sollten die genannten Risikofaktoren auf euren Hund nicht zutreffen, ist es natürlich vollkommen in Ordnung ein Halsband zu benutzen. Aber auch hier sollten vor dem Kauf einige Dinge beachtet werden:

  • Nehmt euren Hund immer mit, wenn ihr ein neues Halsband kaufen wollt.
  • Achtet darauf, dass das Halsband breit geschnitten und mit weichem Material unterlegt bzw. gepolstert ist und schaut, dass die Ränder keinen scharfen Abschluss haben (Test mit der Fingerkuppe). 

Halsbänder haben unter anderem den Vorteil, dass der Bewegungsablauf nicht beeinflusst wird, da sie nicht auf dem Schulterbereich des Hundes aufliegen (ein gut sitzendes Geschirr sollte allerdings ebenfalls diesen Anspruch erfüllen). Außerdem kann es immer wieder Situationen geben, in denen dazu geraten wird, dem Hund ein Halsband anzulegen. Zum einen kann es vorkommen, dass der Hund aufgrund von Verletzungen dazu verpflichtet ist es zu tragen und zum anderen kann es gerade bei größeren bzw. schwer händelbaren Hunden als doppelte Sicherung dienen. Jedoch sollte das Halsband nie als alleiniges Sicherungssystem verstanden werden, denn betrachtet man den Körperbau des Hundes, ist es selbsterklären, dass so etwas fragiles, wie die Halswirbelsäule nicht dazu in der Lage ist, der einzige Sicherungspunkt zu sein. (Hier geht es wirklich um SICHERUNG, nicht um normales Geführt werden.)

 

Solltet ihr einen Hund haben, der die Leinenführung noch nicht gut beherrscht und bei dem nicht daran zu denken ist, ihn an lockerer Leine zu führen, ist neben einem Leinenführigkeitstraining ein Geschirr empfehlenswert.  Als erstes ist zu klären, welches Material und welche Form sich am besten eignen.

  • Das Geschirr sollte aus einem waschbaren, strapazierfähigen und wasserabweisenden Material bestehen.
  • Bei den Gurten ist, wie beim Halsband auch, darauf zu achten, dass sie breit geschnitten und mit weichem Stoff gepolstert sind.
  • Für die Ringe eignet sich rost- und allergenfreies Metall. Schön ist, wenn sie mit Polster unterlegt sind, damit kein unangenehmer Druck auf die Knochen ausgeübt wird.
  • Besonderes Augenmerk liegt darauf, dass das Geschirr gut vernäht ist, damit es der Zugkraft standhalten kann.
  • Zudem ist es wichtig, dass die Verschlüsse so verarbeitet sind, dass sie sich angenehm schließen lassen. Im besten Fall sind diese unterlegt, damit sie nicht das Fell oder die Haut des Hundes einklemmen.

Ist die Frage der Qualität geklärt, muss man sich damit auseinandersetzen, welcher GeschirrTyp bzw. welche Größe für den Hund geeignet ist. Um das herauszufinden, gibt es die Möglichkeit den Hund zu vermessen (für den Fall, dass ihr ein Geschirr bestellen möchtet; der Hersellter beschreibt meist, wo und wie vermessen werden soll), oder den Hund zur Anprobe mitzunehmen.

Ein guter Sitz ist von hoher Bedeutung, denn auch ein schlecht sitzendes Geschirr kann ebenfalls zu physischen und psychischen Schäden führen.

  • Sitzt es zu eng kann es passieren, dass es einschnürt oder den Bewegungsapparat einschränkt.
  • Ist es zu locker rutscht es hin und her und es kann zu Irritationen im Bereich des Rückens führen. Im schlimmsten Fall befreit sich der Hund aus dem Geschirr.
  • Es ist darauf zu achten, dass immer ein Finger zwischen Geschirr und Körper des Hundes passt.
  • Der vordere Brustring sollte auf dem Brustbein liegen und nicht darunter, oder darüber auf dem Hals. (Sonst kann auch ein Halsband verwendet werden.)
  • Die Schulterblätter des Hundes müssen frei liegen und dürfen nicht blockiert werden. Dieses tun leider Sattelgeschirre (zb. die mit dem Klett an der Seite.)
  • Der Abstand zwischen "Achsel" und Bauchgurt sollte bei einem mittelgroßen Hund ungefähr eine Handfläche betragen, damit beim Gang das Bein nicht über den Gurt reibt und wund wird oder das Geschirr unter der Achsel kneift.

Nun muss das passende Geschirr für den Hund her – was sich unter Garantie nicht so leicht gestalten wird, wie erhofft, denn auch hier gibt es verschiedene Varianten, die alle ihr Vor- und Nachteile mit sich bringen. Damit auch hier keine allzu große Verwirrung oder gar Verzweiflung auftritt, stellen wir euch ein paar Geschirr-Typen vor.  


Bild von Manfred Antranias Zimmer auf Pixabay

Das Norwegergeschirr

 

Merkmale:

  • Vor der Brust verlaufender Gurt
  • Gerne Schlaufe am Rücken
  • Gerne Klett an den Seiten
  • Alternativer Name: Sattelgeschirr (wenn Auflagefläche wie auf Foto vorhanden)

Vorteile:

  • Leichtes an- und ausziehen
  • Kein Steg zwischen den Beinen, für empfindliche Hunde positiv 

Nachteile:

  • Befreien aus dem Geschirr enorm schnell möglich
  • Oft wenige Möglichkeiten zum Einstellen / Verstellen der Gurte
  • Wenig Halt am Körper des Hundes, verrutscht daher schnell 
  • Brustgurt liegt häufig auf den Schulterblättern auf, schränkt dementsprechend den Bewegungsablauf ein, verursacht Schmerzen
  • Brustgurt liegt zu hoch und übt Druck auf den Hals aus (siehe Foto)
  • Bauchgurt zu weit vorne und schneidet dadurch ein
  • Unter dem Sattel (falls vorhanden) stauen sich Hitze und Nässe

Das Führgeschirr

 

Merkmale:

  • Gibt es auch mit schräg verlaufenden Gurt vom Bauchsteg zum Rückensteg  • Oder als „X-Geschirr“
  • Hat eine Halsung, Steg zwischen den Beinen, Rückensteg und Bauchgurt
  • Alternative Namen: T- oder Y-Geschirr (wegen der Form)

Vorteile:

  • Bei guter Passform keine Einschränkung des Bewegungsapparats
  • Individuell verstell- und anpassbar
  • Eignet sich für den Alltag oder den Sport (beispielsweise Mantrailing - hier ist Ziehen erwünscht!)
  • Schulter und Schulterblätter nicht blockiert oder eingeschränkt
  • Gute Druckverteilung 
  • Hochwertige Marken verrutschen nicht zur Seite

Nachteile:

  • Auch hier ist ein Herausschlüpfen möglich, allerdings schwieriger, als beim Norwegergeschirr oder Halsband
  • Billige Versionen verrutschen gerne

Das Sicherheitsgeschirr

 

Merkmale:

  • Immer zwei Bauchgurte, sonst Aufbau wie beim Führgeschirr
  • Ausbruchssicher!
  • Alternative Namen: Panikgeschirr

 

 

Vorteile:

  • Keine Einschränkungen bei gutem Sitz
  • Ausbruchssicher, das heißt, der Hund kann nicht hinausschlüpfen.

Nachteile:

  • Der hintere Bauchgurt kann innere Organe quetschen, wenn das Geschirr nicht korret angewendet wird. (Anleinen bitte NUR knapp hinter dem ersten Bauchgurt, nie weiter hinten - siehe Foto)

Bild von Laz111 auf Pixabay

Das Zuggeschirr

 

Merkmale:

  • Speziell für Zugarbeit entwickelt
  • Bauchgurt läuft vom Brustkorb über die Rippen schräg und weit nach hinten
  • Mehrere Gurte über den Rücken
  • Anleinmöglichkeit knapp vor der Rute um maximale Zugkraft zu entwickeln
  • Alternative Namen: X-Back

Vorteile:

  • Optimale Druck- und Gewichtsverteilung
  • Leichtes, gut gepolstertes Material
  • Keine drückenden Schnallen, Riemen, Ringe o.ä. (meist quasi "ein Stück"
  • Schnelles an- und ausziehen
  • Gut ausgeschnittener Schulterbereich
  • Keine Einschränkung der Bewegung

Nachteile:

  • Nicht ausbruchssicher, nach hinten schnelles heraus schlüpfen
  • Müssen ideal passen, da nicht einzustellen, weil keine Schnallen
  • Sollten nur für die Zugarbeit genutzt werden

Erziehungsgeschirre und -halsungen

 

Merkmale:

  • Sollen meist einer besseren Leinenführung dienen
  • Sollen anderes Verhalten unterbinden oder hervorrufen

Beispiele:

  • Geschirre mit Anleinpunkt an der Brust (siehe Foto)
  • Geschirre, die Zug unter den Achseln ausüben
  • Leine um die Hüfte des Hundes geschlungen
  • Würgehalsband mit Zugstop
  • Würgehalsband ohne Zugstopp
  • Stachelhalsband (mit und ohne Würger)
  • Stromhalsband
  • Sprühhalsband
  • Kopfhalti

Die meisten Erziehungshelfer sind eine Katastrope und arbeiten über Schmerz- oder Schreckreiz. Beides ist ein No Go!

Die gelb markierten Dinge arbeiten nicht über Schmerz oder Schreck, sind allerdings bei mangelhafter Anwendung oder schlechter Passform ebenfalls stark gesundheitsschädigend und sollten daher nicht ohne fachlichen Rat (nein, nicht die nette Verkäuferin) angewendet werden.


Zusammenfassend ist zu sagen, dass man als Hundebesitzer die Aufgabe hat, sich für das zu entscheiden, was für den eigenen Hund das Beste ist. Hierbei sollte es nie um „das sieht aber schöner aus“ gehen, sondern es sollten die oben erwähnten Punkte immer im Vordergrund stehen. Denn sowohl ein schlecht sitzendes Halsband, als auch ein schlecht sitzendes Geschirr kann das Wohlbefinden des Hundes in Mitleidenschaft ziehen.  

Grundsätzlich ist es empfehlenswert für seinen Hund ein Halsband und ein Geschirr zu besitzen. Denn wie bereits erwähnt, kann es immer wieder mal vorkommen, dass der Hund zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen das eine oder das andere nicht tragen kann.


Also wünschen wir euch ganz viel Spaß und Erfolg das passende Halsband und / oder das passende Geschirr für euren Hund zu finden – und sollte es an der Leinenführung noch etwas hapern oder Fragen auftauchen, steht euch das Talisman-Team gerne zur Verfügung.

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